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Wie können wir die Zukunft vorhersagen?

30. 06. 2025
Verfasst von: Hubert Truchan

Wie können wir die Zukunft vorhersagen?

Ein Mann fasst sich ans Kinn und schaut fragend nach vorn. Im Hintergrund werden Wolken am Himmel, Windräder, Viren und statistische Grafiken gezeigt. © Fuchsundhase, KI Firefly
Droht eine Epidemie? Sind Maßnahmen gegen Wetterextreme notwendig? Wie viel Energie steht zur Verfügung? Mathematische Modelle sind in der Lage, lange Zeitreihen vorherzusagen. Ein neues KI-Modell erhöht deren Präzision.

In einer sich ständig verändernden Welt ist die Fähigkeit, zukünftige Ereignisse und Trends vorherzusagen, von unschätzbarem Wert. Das innovative Vorhersage-Modell LTBoost des Forschungszentrums L3S in Hannover hilft dabei, langfristige Trends und dynamische Veränderungen in großen Datensätzen zu erkennen. Es bietet präzisere und handlungsorientierte Vorhersagen in verschiedenen Sektoren – von besserem Ressourcenmanagement über Energie und Wirtschaft bis zur Katastrophenvorsorge.

Kombinierte KI-Modelle für wirtschaftliche und soziale Prognosen

Vorhersagen der Zukunft waren aufgrund der Vielzahl an Variablen lange Zeit vergleichbar mit dem Blick in eine Kristallkugel. Doch jüngste Fortschritte in der künstlichen Intelligenz und im maschinellen Lernen verwandeln diese vermeintliche Kunst in eine Wissenschaft und ermöglichen genauere Vorhersagen, die früher für unmöglich gehalten wurden. Prädiktive Modelle haben das Potenzial, einige der drängendsten Herausforderungen der Welt anzugehen. Mögliche Anwendungen liegen in den Bereichen Klima-Monitoring, Wettervorhersage, Landwirtschaft, Vorsorge bei Katastrophen und Ausbreitung von Krankheiten, Optimierung von Ressourcenmanagement und Energieverbrauch, Verkehrssteuerung, wirtschaftliche Trends und Finanzplanung.

Herausforderungen bei Vorhersagemodellen

Für solche Langzeitreihen-Vorhersagen (LTSF) stechen tiefe Lernmodelle (Deep Learning) als besonders geeignet heraus. Am Forschungszentrum L3S an der Leibniz Universität Hannover haben Hubert Truchan, Christian Kalfar und Dr. Zahra Ahmadi bedeutende Fortschritte bei Zeitreihenvorhersagen gemacht und ein neues Modell entwickelt. Denn die neuronalen Netzwerke müssen nicht nur viele Parameter verarbeiten, sondern auch effizient im Echtzeitbetrieb sein, beschreibt Hubert Truchan einige Herausforderungen:

  • Transformer erkennen Muster, vernachlässigen aber zeitliche Informationen, was Vorhersagen ungenauer macht.
  • Lineare Modelle sind zwar schnell und leicht anwendbar, erkennen aber selten komplexe und dynamische Muster in realen Signalen – etwa im Wetter oder in Aktienkursen.
  • Baumbasierte Ansätze (Entscheidungsbäume) verstehen Beziehungen innerhalb eines festen Datensatzes, können aber keine Vorhersagen für unbekannte Daten erstellen.

Die Grafik zeigt eine schwankende Kurve über mehr als 1000 Stunden und eine Vorhersage-Kurve über die letzten 336 Stunden, die mit der ersten fast deckungsgleich ist. © Hubert Truchan, L3S
Vorhersage des stündlichen Stromverbrauchs mit LTBoost (Energie-Testdatensatz): Der Vorhersagezeitraum von 336 Stunden zeigt die Präzision und Effektivität des Modells. „Ground Truth“ bezieht sich auf die tatsächlich beobachteten Werte im Datensatz.

Langfristige Trends und Dynamik erfassen

Das entwickelte Modell „LTBoost“ (Boosted Hybrids of Ensemble Linear and Gradient Algorithms) integriert verschiedene Algorithmen und verstärkt die jeweilige Einzelleistung durch eine „Boosting“-Technik. „LTBoost erhöht die Vorhersagegenauigkeit, indem es lineare Regression mit nichtlinearen baumbasierten Modellen kombiniert und damit die Unzulänglichkeiten aktueller Modelle ausgleicht“, erklärt Hubert Truchan. Durch umfangreiche Tests an Benchmark-Datensätzen aus den Sektoren Energie, Finanzen, Transport, Gesundheit, Umwelt und Wetter validiert, hat LTBoost bestehende Modelle in der Mehrheit der Fälle übertroffen. Die hocheffektive Doppelstrategie von LTBoost erfasst langfristige Trends und dynamische Veränderungen in Daten und bietet damit eine robuste Lösung für die Herausforderungen realistischer Vorhersagen. Das Forschungsteam lädt Partner aus Industrie und Wissenschaft ein, LTBoost weiter zu erforschen.

Glossar: Deep Learning:

Beim tiefen oder mehrschichtigen Lernen handelt es sich um eine Modellklasse des maschinellen Lernens. Deep Learning verarbeitet und analysiert komplexe Datenmuster und verwendet dafür neuronale Netze mit einer tiefen hierarchischen Netzwerkarchitektur. Diese kann bis zu Hunderte oder Tausende Rechenschichten umfassen.

 

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Redaktioneller Hinweis: Dieser Text steht unter der CC BY 3.0 DE-Lizenz
Zitation: Truchan, H. (2025). Wie können wir die Zukunft vorhersagen? Wissen Hoch N. https://doi.org/10.60479/BT62-1A55
Portraitfoto
Hubert Truchan, M. Sc.
Adresse
Leibniz Universität Hannover
Forschungszentrum L3S
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Leibniz Universität Hannover, uni transfer
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