03. 12. 2025
Verfasst von: Kerstin Wunder, Preseela Satpathy, Christina Amrhein-Bläser
Prestin+ steigert Effizienz von Biogasanlagen
Jeden Winter spült das Meer Tonnen an Pflanzenmaterial, den sogenannten Teek, an die Küste. Diese Pflanzenreste werden als Abfall eingestuft, gefährden die Deichstabilität und müssen kostspielig entsorgt werden. Forscherinnen und Forscher der Hochschule Emden/Leer hingegen haben das Potenzial erkannt, dass in Teek schlummert: Sie bereiten die Teek-Biomasse zu Prestin+ auf, einem biologischen Leistungszusatzstoff, der die Biogasproduktion steigert. So werden im Sinne der Kreislaufwirtschaft bislang ungenutzte Reststoffe nachhaltig zur Energieerzeugung in Biogasanlagen verwertet.
Küstenabfälle werden zur erneuerbaren Energiequelle
Spaziergänge am Wattenmeer sind nicht nur erholsam, sondern liefern manchmal auch die Initialzündung zu innovativen Forschungsergebnissen. Als Dr. Preseela Satpathy eines Tages am Wattenmeer in der Nähe von Emden spazieren ging, fand sie Unmengen von Blasentang. Aus reiner Neugier nahm sie ein wenig davon mit ins Labor. An der Hochschule Emden/Leer arbeitete sie im Projekt SynFlex mit, das Synergieeffekte von zusätzlichen Substraten in Biogasanlagen untersuchte. „Die Versuche in unserem Labor liefen sehr gut“, blickt die Mikrobiologin zurück. „Die Deichacht riet uns dann aus mehreren Gründen dazu, von reinem Blasentang auf Teek umzusteigen.“ Teek – plattdeutsch für „Zeichen“ – bezeichnet den Spülsaum einer Sturmflut, die ein wildes Gemisch aus Seegras, Algen und Salzwiesenpflanzen an Land spült.
Teek gefährdet Deiche und verursacht hohe Kosten
Mittlerweile lagern sich jährlich Zehntausende Kubikmeter Teek an den Deichen ab – da kommt viel Biomasse zusammen. Teek ist aber vor allem ein Problemstoff, der die unter ihm begrabene Grasnarbe schädigt und damit die Stabilität der Deiche gefährdet. „Die Entsorgung verursacht den Küstengemeinden hohe Kosten, denn Teek und auch Blasentang sind als Abfall eingestuft“, führt Kollegin Kerstin Wunder weiter aus. Dadurch darf das organische Material weder kompostiert noch in Biogasanlagen für nachwachsende Rohstoffe als klassisches Substrat verwertet werden. Den Forscherinnen und Forschern ist es nun gelungen, einen neuen Ansatz zu finden, um die Probleme zu lösen. „Wir entwickeln ein Verfahren, Teek in einen biologischen Zusatzstoff für Biogasanlagen umzuwandeln“, erläutert die Verfahrenstechnikerin. „Damit wird der Abfallstoff zu einem zulässigen Produkt und für die Energiewende nutzbar gemacht.“
Prestin+ fördert mikrobielle Aktivität in Biogasanlage
Die Teek-Biomasse wird zu Prestin+ aufbereitet. Dieser biologische Zusatzstoff gehört zu den natürlichen Lignocellulose-Stoffen. Ziel ist es, damit die mikrobielle Aktivität in Biogasanlagen zu fördern und die Biogasausbeute insbesondere bei der Vergärung von Maissilage zu erhöhen. „Prestin+ versorgt die Mikroorganismen mit wichtigen Mikronährstoffen, regt die mikrobielle Aktivität an und beschleunigt so den Abbau besonders von Maissilage in der Biogasanlage“, beschreibt Preseela Satpathy die Prozesse. Seine Spurenelemente (Eisen, Cobalt, Nickel, Zinn und Selen) erhöhen die Enzymaktivität und fördern die Methanbildung. Gleichzeitig stabilisiert der Zusatzstoff die Prozesse in den anaeroben Fermentern. Erste Labortests unter idealisierten Bedingungen haben den Biogasertrag um bis zu 23,5 Prozent gesteigert.
Start-up forscht für die Kreislaufwirtschaft
Kerstin Wunder berichtet, dass es bei dem Verfahren „prinzipiell keine Prozessabfälle gibt. Wir müssen aber noch klären, wie wir mit nicht organischen Stoffen im Teek verfahren, zum Beispiel mit Sand oder Plastik“. Das Forschungsprojekt „Synflex“ ist inzwischen abgeschlossen. Weitere Versuche sollen zeigen, ob die vielversprechenden Ergebnisse unter realen Bedingungen validiert und zur Marktreife weiterentwickelt werden könnten. Der Markt ist da: In Deutschland nutzen rund 70 bis 80 Prozent der Biogasanlagen Maissilage ganz oder teilweise, doch dieses Marktsegment steht angesichts auslaufender EEG-Förderungen zunehmend unter Effizienzdruck. Dazu gründen die beiden Forscherinnen ein Start-up mit einem klaren Ziel: aus Forschung echten Nutzen schaffen – für Küste, Klima und Kreislaufwirtschaft.
Hier finden Sie weitere Informationen:
Fachbereich Technik, EUTEC Institut
Fachbereich Technik, EUTEC Institut
26723 Emden
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