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Intelligente Prothesen – drehen und wenden wie man will

01. 10. 2020
Verfasst von: Janne Hahne, Arndt Schilling

Intelligente Prothesen – drehen und wenden wie man will

Eine animierte Figur bewegt den Arm mit der Prothese nach oben. Die neuronalen Vernetzungen führen vom Gehirn der Figur zu der Prothese. © Universitätsmedizin Göttingen
Drehen, öffnen, werfen – dank einer intelligenten Steuerung können neuartige Handprothesen mehrere Funktionen gleichzeitig ausführen.

Pausenlos bewegen wir unsere Hände intuitiv, öffnen und schließen sie oder greifen etwas. Menschen mit Handprothesen sind da sehr viel eingeschränkter. Typischerweise erlaubt eine Prothesensteuerung nur eine einzelne Funktion zu einer Zeit. Forscher der Universitätsmedizin Göttingen haben eine selbstlernende Steuerung für elektrische Handprothesen entwickelt, die Patienten natürlichere Bewegungen ermöglicht.

Handprothesen natürlicher bewegen durch selbstlernende Steuerung

Motorisierte Handprothesen sind mittlerweile Stand der Technik zur Versorgung von Amputationen an der oberen Extremität. Typischerweise steuern sie jedoch nur eine einzelne Funktion zur gleichen Zeit. So kann die Prothese entweder geöffnet oder gedreht werden, nicht aber beides gleichzeitig, so wie wir es von gesunden Händen gewohnt sind. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Applied Rehabilitation Technology Lab (ART-Lab) an der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie der Universitätsmedizin Göttingen haben nun ein intelligentes Verfahren entwickelt und im Alltag getestet: Dieses erlaubt es, mehrere Funktionen der Hand, zum Beispiel greifen und drehen, gleichzeitig und unabhängig voneinander auszuführen.

Prototyp interpretiert Intention des Patienten

Dazu nehmen acht im Prothesenschaft integrierte Elektroden die schwachen elektrischen Signale der Muskulatur im Armstumpf auf, verstärken und senden sie an einen benachbarten Mikrocontroller. Ein Algorithmus des maschinellen Lernens interpretiert diese Signale. Er wurde zuvor auf den jeweiligen Patienten trainiert. Daher kann er dessen Intention aus den acht Signalen ableiten und entsprechende Steuersignale an die Prothesenmotoren schicken. Der neu entwickelte Prototyp erkennt dabei nicht nur die Art der Funktion, sondern auch die vom Patienten gewünschte Geschwindigkeit der Bewegung – und zwar unabhängig für jede der beteiligten Funktionen. So ist es nun beispielsweise möglich, die Hand langsam zu drehen und gleichzeitig schnell zu öffnen.

Alltagstauglichkeit in Langzeitstudie bewiesen

In einer Studie, die im Wissenschaftsmagazin Science Robotics veröffentlicht wurde, konnten die Göttinger Forschenden die Zuverlässigkeit ihres Verfahrens an fünf Personen mit Amputation oder angeborener Fehlbildung im Unterarmbereich zeigen. Inzwischen hat das Team des ART-Labs die Alltagstauglichkeit der intelligenten Steuerung auch in einer Langzeitstudie über zwei Monate im gewöhnlichen Alltag bewiesen. Außerdem hat es das Verfahren unter den extremen Bedinungen des Cybathlons, einer Art Olympiade der Prothesenträger, getestet. Bei der Entwicklung arbeiteten die Forschenden unter anderem mit dem Prothesenhersteller Otto Bock zusammen und sind auch für weitere Kooperationspartner in diesem Bereich aufgeschlossen.

Dr. Janne Hahne
Adresse
Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie
Applied Rehabilitation Technology Lab (ART-Lab)
Universitätsmedizin Göttingen
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Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie
Applied Rehabilitation Technology Lab (ART-Lab)
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Prof. Dr. med. Arndt Schilling
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Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie
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Universitätsmedizin Göttingen
Prof. Dr. med. Arndt Schilling
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Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie
Applied Rehabilitation Technology Lab (ART-Lab)
Universitätsmedizin Göttingen
Universitätsmedizin Göttingen, Wissens- und Technologietransfer
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