11. 11. 2025
Verfasst von: Andreas Ligocki, Anja Krauth, Christina Amrhein-Bläser
Autarke Bewässerung für begrünte Buswartehallen
Dachbegrünungen wirken sich positiv auf das lokale Klima und den Wasserhaushalt aus. Vereinzelt gibt es auch bereits Buswartehallen mit Gründächern. Ohne Bewässerung vertrocknen die Pflanzen bei Wetterextremen jedoch – der positive Effekt geht verloren. Die Ostfalia Hochschule entwickelt nun mit einem industriellen Kooperationspartner ein autarkes Bewässerungssystem für begrünte Buswartehallen. Ein Bauelement mit Wassertank und Technik ersetzt die Rückwand der Busstellenhäuser – ideal zum Nachrüsten.
System aus Wassertank, Sensoren und Steuerung
Kommunen und Städte hegen und pflegen aufwendig ihre Bäume und Grünanlagen, um den Klimaveränderungen zu begegnen. Pflanzen in Beeten, Kübeln oder auf Dächern fördern die Artenvielfalt, binden CO₂, wandeln es in Sauerstoff um, kühlen durch Verdunstung und filtern Feinstaub aus der Luft – und verbessern dadurch die Luftqualität und das Mikroklima. Gründächer speichern zudem Regenwasser und entlasten die Kanalisation. Doch der Pflegeaufwand ist groß. In Trockenperioden müssen Straßenbäume und Grünanlagen personal- und zeitintensiv bewässert werden. Unzureichend gepflegte Gründächer vertrocknen oft bei Hitze oder überfluten bei Starkregen – der positive Effekt geht verloren. Die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften forscht seit längerem an einer intelligenten Bewässerungstechnik für Stadtgrün inklusive Sensorik und Kommunikationsmanagement.
Wasser speichern, Gründach nach Bedarf versorgen
Das Projekt „SmartCity Irrigation“ führt nun Forschungslösungen für eine autarke Bewässerung in die konkrete Anwendung. „Die Firma Hohrenk Systemtechnik GmbH wurde auf unseren Prototyp einer autonom bewässernden Parkbank aufmerksam und stieß das gemeinsame Projekt an“, erzählt Prof. Dr.-Ing. Andreas Ligocki von der Fakultät Maschinenbau. Die Hohrenk Systemtechnik GmbH stattet unter anderem Bushaltestellen mit Wartehallen aus, die in der Region Wolfenbüttel weit verbreitet sind. Geplant sind nun zehn Wartestellenhäuser mit autarker Bewässerung. Fünf davon erhalten Gründächer, fünf weitere versorgen nahegelegene Grünflächen oder Bäume – die typische Dorfeiche – im Umkreis von bis zu 25 Metern zur Wartehalle mit Wasser. Die Fakultäten Maschinenbau und Informatik der Ostfalia stellen die Umweltsensorik sowie die digitale Technik zur Verfügung und messen das Mikroklima.
„Die Rückwand der Wartehalle wird durch ein Bauelement mit Wassertank und Technik ersetzt“, erläutert Andreas Ligocki, „das ist einfach ideal zum Nachrüsten.“ Sensoren überwachen den Füllstand und die Bodenfeuchte, eine Pumpe speist bedarfsgerecht Wasser ins Dachsubstrat oder in die Grünfläche. Die Steuerung berücksichtigt Wetterprognosen und regelt den Wasserverbrauch ressourcenschonend. Ein Solarpanel mit Batteriespeicher versorgt Sensoren, Pumpe, Steuerung und digitale Komponenten, sollte kein Stromanschluss vorhanden sein. Per Funknetzwerk (LoRaWAN) werden Füllstand, Klima- und Statusdaten an die Kommune übermittelt. Regenwasser kann im Substrat und Tank gespeichert werden, Überschüsse gelangen zeitverzögert ins Kanalnetz. Sinkt der Wasserstand ohne absehbare Regenfälle, wird automatisch ein Wasserwagen zur Nachfüllung bei der Kommune angefordert.
Erste Musterwartehallen im Testbetrieb
Langfristig will die Hohrenk Systemtechnik GmbH das System auch in neu gefertigte Wartehallen integrieren und prüft hierzu eine Erdtanklösung im Fundament. Doch wie robust und wartungsintensiv werden die Gründächer und Bewässerungsanlagen sein? „Wir verwenden günstige Standardkomponenten und bewährte Grünmischungen“, antwortet Andreas Ligocki. „Stahltanks und stabile Wände sollen vor Vandalismus schützen.“ Die ersten Musterwartehallen befinden sich im Testbetrieb. Mit der Nullserie sammeln die Kooperationspartner wichtige Erfahrungen, zum Beispiel wie sich Laub und Verstopfungen auf die Wasserschläuche auswirken. „Über die Funkanbindung erfahren die Kommunen, ob sie die Wassertanks bei Bedarf wieder auffüllen müssen“, ergänzt er.
„Auf genau diesen Forschungstransfer in die Praxis mit einem mittelständischen Partner sind wir tatsächlich sehr stolz“, bekräftigt Andreas Ligocki, „weil wir glauben, damit den Nerv der Zeit in heißen Innenstädten zu treffen.“ Projektpartner Hohrenk will zukünftig eigenständig neue Wartehallen mit autarker Bewässerungstechnik sowie innovative Nachrüstsysteme anbieten. Das Transferprojekt wird aus dem „Unternehmen Revier“ und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Die zehn geplanten Musterwartehallen werden bis 2026 in den Regionen Wolfenbüttel, Helmstedt, Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter errichtet.
Hier finden Sie weitere Informationen:
- Unternehmen Revier auf einen Blick
- Kooperationspartner: Hohrenk GmbH
- Podcast Einfach Forschung, Smart, vernetzt und nachhaltig mit 3D-Druck, Folge 10
Fakultät Maschinenbau
Fakultät Maschinenbau
38302 Wolfenbüttel
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